2021. JLAK. Bleib mal so.
"Sonst immer so: dieses Jahr ist mein Jahr. Aber dann war das doch wieder nicht mein Jahr. Aber diesmal war dieses Jahr mein Jahr. Hat sich alles ausgeschaukelt - nicht zu viel Gutes, nicht zu viel Schlechtes".
Als Kim im Dezember ihr Jahr resumiert, reckt sich ihr Hals ganz lang und ihre Augen gucken gut in Richtung einer Ecke des Zimmers. "Bleib mal so" sage ich und dieses "bleib mal so" ist nicht das erste "bleib mal so" in diesem Jahr. Was "gut gucken" bedeutet, schreib ich hier nicht auf - es gibt einfach gutes Gucken.
Die Yashica macht flip statt klick und fügt sich damit einer Dynamik, die mich schon das ganze Jahr entzückt. Dann nämlich, wenn Jannis, Laura, Anton und Kim so blieben und schüchtern, fröhlich, euphorisch, gelassen, müde oder genervt in die untere Linse der zweiäugigen Kamera schauten. Oder daran vorbei. Eben so, wie´s gerade dran war.
Als Laura ihre aktuelle Lebensweise im Februar mit einer Axt vergleicht, wiegt diese Idee sehr weich. Sie hinterfragt, zerkaut, belässt, verändert. Ein Luxus, sie dabei ein Jahr lang zu begleiten. Im März ist das Labor gut zu Jannis, als ein Filmentwicklungs-fehler auf seinem Bild aussieht wie eine nachträglich reingemalte Malerei. "Was macht das Leben zur Zeit?" frage ich und er beschreibt, wie sich das Leben der Leute um ihn herum so gestaltet. Dass Anton im August auf einem Findling gern seine Schuhe auszieht, ist eine Lüge - ihm war nicht danach (mir schon). Insgesamt war immer auch die Frage da, wie viel von mir selbst in den Portraits drin steckte. Aber das ist eine Frage, die sich immer stellt - egal, wie wer was wann anguckt.
Darum ist es einfach und schwer gleichzeitig, die Bilder anzuschauen und zu übersetzen - weil eben alle mit drin sind: Jannis, Laura, Anton und Kim - aber eben
auch die Kamera, der Fotograf sowie die Tageslaune des Laboranten und die der Chemie.
Die Realisierung wurde durch die Stiftung Kulturwerk der VG Bild-Kunst gefördert